Datum: 07.11.-11.11.2015 Yangon
Wahlen
Einen Tag vor den Wahlen erreichen wir wieder Yangon und sind nun super gespannt, was die folgenden Tagen bringen werden. Schon am Abend sind die Wahllokale in der Stadt bereit und wir können vom Balkon des Guesthouses aus alles mitverfolgen. Noch ist es ruhig und das Wahllokal wird von einem der vielen Helfer, welche extra für die Wahlen ausgebildet worden seien, bewacht.
Am nächsten Morgen stehen wir gespannt auf und sehen, wie sich schon eine kleine Schlange vor dem Wahllokal gebildet hat.
Die Stimmung dort ist ruhig und alles sieht gesittet aus. Wer dann gewählt hat, ist stolz auf seinen eingefärbten kleinen Finger, welche wir bis zum Schluss in Yangon immer wieder sehen. Gegen Mittag wird es langsam ruhiger und es kommen bis kurz vor Schluss nur noch vereinzelt Leute vorbei. Punkt 16:00 Uhr schliessen die Tore und die Wahl ist vorbei.
Nach und nach versammeln sich ein paar Leute um das Wahllokal und als ich unten bin, sehe ich auch warum: Die Stimmen werden für alle sichtbar hinter dem Gitter direkt ausgezählt. Ich bin doch ziemlich überrascht und noch überraschter bin ich, dass ich sogar hin durfte, um zu fotografieren. Als wir etwas später vorbei schauen, kommt gerade die NLD an die Auszählung: 424 Stimmen, die aktuelle Regierung hat es nur gerade auf 40 Stimmen geschafft.
Im Allgemeinen haben wir das Gefühl, dass die Leute sich freuen, abstimmen zu können und darüber hinaus auch ganz stolz sind, dass alles einigermassen suverän abgelaufen ist (zumindest, was man bis jetzt gehört hat). Die Leute nehmen die Wahlen ernst, sind aber nicht euphorisch. Die Strassen in unserer Gegend in Yangon haben wir noch nie so leer gesehen und haben fast Mühe, einen Ort für das Abendessen zu finden. Wir surfen noch eine Weile im grossen weiten Netz, was wir zum Thema „Wahlen 2015 Myanmar“ finden. Insgesamt scheint es ruhig zu verlaufen, aber es gibt erste Artikel, dass eine ganze Dorfgemeinschaft auf keiner Liste stand und somit nicht abstimmen konnte. Wir sind gespannt, was die folgenden Tagen, Wochen und Monate bringen.
Stellenwert der Mönche
Uns ist aufgefallen, dass wir noch fast nichts über die Mönche und Nonnen geschrieben haben, obwohl sie einen sehr wichtigen Stellenwert haben. In ganz Myanmar sieht man jeden Tag Mönche und Nonnen und in fast jedem Dorf gibt es eine Monastery. Viele Menschen von Myanmar waren als Kind oder Jugendlicher in der Monastery, sei es nun, dass sie gute Buddhisten sein wollen oder weil sie von ihren Familien dort hin geschickt worden sind. Die Schule, die Unterkunft und das Essen ist für die Kinder und Jugendliche kostenlos. Bei Monasterys auf dem Land haben die Mönche die Möglichkeit, einen Teil des benötigten Essens selber anzubauen und zu ernten. In der Stadt hingegen sind sie voll auf die Unterstützung der Bevölkerung angewiesen. So sieht man täglich Umzüge von Mönchen und Nonnen, welche von der Bevölkerung Spenden wie Essen, Snacks, Geld, Zigaretten oder Trinken bekommen. Dabei wird dies oft mit einem Megafon angekündigt, um die Leute darauf aufmerksam zu machen, dass die Mönche nun kommen.
Von unserem Balkon im Hotel konnte man das Vorgehen gut beobachten. So kamen aus vielen Häusern die Leute auf die Strasse und hatten gekochter Reis und verschiedene Currys dabei. Das Reis wurde dann in einem Kübel gesammelt und die verschiedenen Curry je nach Art in anderen. Bei der Übergabe haben die meisten Personen ihre Schuhe ausgezogen und sich vor den Mönchen verbeugt. Eine Frau konnte ich auf dem Balkon beobachten, wie sie sich hingelegt hat und in der Richtung der Mönche gebetet hat.
Wie man sieht, werden den Mönchen und Nonnen einen grossen Respekt entgegen gebracht, was sicherlich mit dem buddhistischen Glauben zu tun hat. Natürlich haben wir hier kein tiefes Verständnis, aber trotzdem haben wir einiges mitbekommen und miterlebt. So geht es in Myanmar viel um Karma, was aus unserer Sicht zu einer sehr angenehmen Gesellschaft führt. Denn, du sollst dich in diesem Leben so gut wie möglich verhalten und an andere denken, damit du im nächsten Leben einen besseren Status erlangst. So haben wir nur äusserst selten erlebt, dass Personen eiversüchtig auf andere waren oder das wenige was sie besassen, nicht noch geteilt haben. Die Spenden für die Mitmenschen, für die Monastrys und die Gaben für die Buddhas sind wichtige Bestandteil im alltäglichen Leben. Die vielen verschiedenen Begegnungen mit den Menschen und ihre Art zu Denken, hat uns beeindruckt und wir werden einiges für uns mitnehmen.
Die andere Seite des Flusses: Dhala und weiter
Schon bei unserem ersten Besuch in Yangon haben wir eine Bekanntschaft mit dem Maung Maung gemacht. Er lernt fleissig Englisch und hat vor kurzem mit Französisch begonnen, um einen Job bei einer Reiseagentur zu bekommen. Um die Sprache zu üben, wollte er uns sein Dorf auf der anderen Seite des Flusses zeigen. Da wir nun wieder in Yangon sind, nehmen wir diese Möglichkeit wahr und rufen ihn an. Kurz darauf treffen wir ihn bei der Fähre in Dhala. Er bringt uns zu einem Freund, welcher Hindu ist und wir typisches hinduistisches Essen probieren können, zeigt uns eine Monastery, fährt mit uns zu den Bambushütten und am Schluss zu ihm nach Hause. Als 2008 der Zyklon Myanmar getroffen hat, haben viele Menschen südlich von Yangon durch die Flutwelle alles verloren, was sie hatten. Hilfsorganisationen stellten Soforthilfe bereit und so wurde unter anderem Bambus an die Dorfbewohner abgegeben, damit sie sich neue „Hütten“ bauen konnten. Als wir dort ankommen merken wir schnell, dass hier grosse Armut herrscht. Die Hütten bieten mehr schlecht als recht Schutz vor Regen und Wind, Kinder haben Hungerbäuche, sind offensichtlich krank und ältere Menschen bestehen mehr aus Knochen und Haut als was anderes. Der Besuch bei Maung Maung stimmte uns auch nicht fröhlicher. Er selbst wohnt mit seiner Frau und seinen Kindern in solch einer Hütte. Auf ca. 7 m² spielt sich das ganze Leben ab. Toiletten gibt es keine und man müsste dazu unter die Hütte gehen, was auch den Geschmack von Fäkalien erklärt. Als wir nachfragen, ob UNICEF denn keine sanitären Anlagen gebaut hat, sagt er nur, dass ihnen das Land nicht gehöre und deshalb keine Toiletten errichtet werden dürfen. Wir sind schockiert…
Obwohl es kein „schöner“ Ausflug war, hat es uns doch ein weiteres Mal die Augen geöffnet und unser Gefühl bestärkt, dass es in Myanmar an vielen Orten wohl noch genau so aussehen könnte, aber möglicherweise nicht für Touristen oder nur erschwert zugänglich sind. Wir haben solche Orte hier gesehen, wir haben sie am Flussufer nahe von Mandalay gesehen, wir haben gleiche „Hütten“ und viel Armut auf unserem Ausflug nach Man Sam gesehen, … Bis jetzt wissen wir das, was wir gesehen haben, wir werden zu einem späteren Zeitpunkt für uns sicher noch etwas nachforschen, was wir an Informationen finden und was aus Sicht der Entwicklungshilfe als aktuell oder wichtig angesehen wird.
Kolonialbauten
Yangon war lange eine Kolonie der Briten und so sieht man überall prächtige Kolonialbauten, welche durch die Feuchtigkeit ihren ganz eigenen Charm bekommen haben. Dazu ein paar Eindrücke hier:
Projekt für Strassenkinder
Das LinkAge Training Restaurant ist ein soziales Projekt, welches Strassenkindern die Möglichkeit gibt, das Handwerk in der Gastronomie und Englisch zu lernen. Einerseits ist das Ziel, dass sie durch die Erfahrung in diesem Restaurant eine Festanstellung in einem besseren Restaurant finden könnten, andererseits lernen die Kinder und Jugendliche verschiedene Werte wie zum Beispiel Vertrauen, Sicherheit, Schutz, Verantwortung, Probleme ansprechen und Umgang mit Konflikten kennen. Als Nebeneffekt kommt hinzu, dass die Kinder und Jugendlichen während dieser Zeit nicht auf der Strasse und allenfalls in Gefahr sind, hungern, stehlen und sonstigen Arbeitstätigkeiten nachgehen.
Bei unserem ersten Besuch haben wir uns längere Zeit mit Amanda, der verantwortlichen Person, unterhalten. Ihre Idee ist, wenn möglich, in naher Zukunft eine Wohnung zu mieten, damit die Kinder dort zeitweise leben und übernachten könnten. Doch wie dies genau aussehen würde und ab wann dies möglich ist, ist noch unklar.
Uns interessiert dieses Projekt und gehen zwei mal dort essen. Als wir die Managerin fragen, wie wir das Projekt unterstützen können, meint sie, dass die Kinder immer Hunger haben und somit Essensspenden eine gute Möglichkeit für die Unterstützung sind. So gehen wir vor unserem zweiten Besuch auf den Markt und kaufen diverse Grundnahrungsmittel, welche wir dann mitbringen.
Abschied von Myanmar
Mit den letzten vier Tagen in Yangon geht auch unsere Zeit in Myanmar zu Ende. Rückblickend waren die letzten 30 Tage in diesem Land für uns sehr faszinierend, lehrreich und eindrücklich. Selten haben wir solch eine echte Freude in den Gesichtern der Menschen gesehen, nicht ohne Grund wird Myanmar auch als das Land des Lächelns genannt. Auch hat uns die Hilfsbereitschaft der Menschen sehr gefreut und wir hoffen, dass der aufkommende Tourismus nicht viel an diesen Eigenschaften ändern wird, sondern langsam und gut wachsen kann. So könnten die neuen Einkommensmöglichkeiten den Lebensstandard erhöhen und verbessern. Wir denken, es ist wichtig mit Respekt, Verantwortungsbewusstsein und Freude dieses Land zu bereisen, damit die Menschen hier ihre Kulturen und ihre Lebensfreude beibehalten können. Natürlich haben wir nicht nur schöne Sachen gesehen, was uns aber bewusst gemacht hat, dass in Myanmar überall Projekte zur Verbesserung des Lebens unterstützenswert sind und dass wir selbst als Touristen auch unsere Verantwortung tragen, dass das Land sich ökologisch weiterentwickeln kann.
Betreffend Budget möchten wir kurz etwas loswerden: Einige Male haben wir gehört, „Myanmar ist mir zu teuer, deshalb bereise ich es nicht“. Obwohl eine Übernachtung in Myanmar für den asiatischen Vergleich eher teuer ist, ist es uns ein Anliegen zu sagen, dass wir hier Myanmar nicht viel mehr Geld gebraucht haben, als wir für andere asiatischen Länder budgetiert haben. Auf den ersten Blick sieht man nur, dass Übernachtungen für zwei Personen 18-25 Dollar kosten, jedoch bezahlt man für ein Essen meist 1 Dollar. Auch ein zwei Tagestrekking mit Übernachtung und Verpflegung kostet uns nur 16 Dollar pro Person.
Wieder ein interessanter Bericht .wünsche euch noch viele schöne Begegnungen